COVID-19 am 29.06.2020: RKI-Reproduktionszahl (R) ermöglicht Prognose der Fallzahlen

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*** Die Reproduktionszahl (R=Reff) ist die Basis für die Prognose der zukünftigen Fallzahlen ***

Diese Grafik soll dazu beitragen, die Diskussionen über die zu erwartende Entwicklung der COVID-19-Pandemie (in Deutschland) zu quantifizieren und damit zu objektivieren. Selbstverständlich ist es +nicht+ möglich, die zeitliche Entwicklung der Fallzahlen (bzw. der Anzahl der Intensivpatienten) exakt vorherzusagen. Es kann aber mit epidemiologischen Modellrechnungen der wahrscheinliche weitere Verlauf extrapoliert, d.h. prognostiziert werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf Prädiktionsintervalle in der Grafik verzichtet.

Zur Berechnung der gezeigten Grafik wurde ein modifiziertes SIR-Modell [1] verwendet. Im Gegensatz zum klassischen Modell wurde hier die effektive Reproduktionszahl R=Reff [6] täglich an die Fallzahlen nach Erkrankungsbeginn [2] des Robert-Koch-Instituts (RKI) angepasst.

Anmerkungen zur effektiven Reproduktionszahl R=Reff:
Idealerweise würde man Reff aus den "Fallzahlen nach Infektionsdatum" berechnen. Da diese Datenbasis nicht zur Verfügung steht, wird hier Reff ersatzweise aus den "Fallzahlen nach Erkrankungsbeginn" bestimmt. Im Verlaufe der Pandemie ändert sich aufgrund der isolierenden Maßnahmen (Schulschließungen etc.) die Transmissionsrate [1]. Aus der Transmissionsrate und der mittleren Dauer der Infektiosität wird die effektive Reproduktionszahl berechnet:
Reff = Transmissionsrate * mittlere Dauer der Infektiosität
In der Simulation wird die Transmissionsrate täglich an die Fallzahlen angepasst, so dass Folgendes gilt: I(t)+R(t) = Fallzahl(t), wobei t der betrachtete Tag ist. Mit dem jeweils neuesten Reff-Wert (7-Tage-Wert) des RKI wird die Extrapolation (d.h. Prognose) in die Zukunft durchgeführt. Wenn sich der Reff-Wert nennenswert ändert, muss auch die Extrapolation angepasst werden.

Bei Reff größer 1 steigen die Neuinfektionen exponentiell, bei Reff kleiner 1 sinken sie exponentiell. Das RKI berechnet aus den gemeldeten Fallzahlen unter Berücksichtigung des Übermittlungsverzugs regelmäßig die "Fälle nach Erkrankungsbeginn", was eine bessere und weniger schwankende Datenbasis liefert. Seit dem 14.05.2020 stellt das RKI diese Daten in geeigneter Form (als Excel-Tabelle) der Allgemeinheit zur Verfügung.

Für die eigentliche Modellrechnung werden lediglich die Fallzahlen [2] und eine Annahme über die mittlere Dauer der Infektiosität (7 Tage) benötigt. Aufgrund neuer Erkenntnisse wurde diese Dauer von 8 auf 7 Tage in der Simulation herabgesetzt [3, 8]. Die Anzahl der verfügbaren Intensivbetten in Deutschland ist [4] entnommen und dient nur der groben Orientierung, da sie sich täglich ändert. Für die Abschätzung der Quote der Intensivpatienten (an den positiv Getesteten) wurde auf [5] zurückgegriffen.

Gezwungenermaßen bezieht sich die gesamte Berechnung auf die bekannten, d.h. positiv getesteten Infizierten und Genesenen. Solange die Dunkelziffer nicht genau bekannt ist, ist eine valide Prognose zur Anzahl aller Infizierten und Genesenen nicht möglich.

Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/SIR-Modell
[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Nowcasting.html
[3] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText5
[4] https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-verdopplungzeit-reproduktionszahl-freie.2852.de.html?dram:article_id=474508
[5] https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-warten-auf-die-welle-wie-sich-deutschlands.1939.de.html?drn:news_id=1112872
[6] https://wwwnc.cdc.gov/eid/article/25/1/17-1901_article
[7] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/17_20.pdf?__blob=publicationFile
[8] NDR Podcast mit Prof. Drosten vom 20.04.2020
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