Kulturpolitik in Zeiten von Corona /
Prof. Dr. Julia Lehner im Gespräch mit Dr. Jochen Wagner, Studienleiter an der Evangelischen Akademie Tutzing #EATutzing
Prof. Dr. Julia Lehner ist Kulturpolitikerin, Zweite Bürgermeisterin und Erste Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg. Sie ist in dieser Stadt geboren, aufgewachsen – und mit ihr verwachsen. Nürnberg stehe für sie für ein „Brennglas der europäischen Geschichte“, das seine Historie als Auftrag wahrnehme – auch und erst recht in Zeiten der Krise.
Seit Mai 2020 ist Prof. Dr. Julia Lehner nun Zweite Bürgermeisterin und Erste Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg. Zuvor war sie 18 Jahre lang berufsmäßige Stadträtin und Kulturreferentin der Stadt. Im Interview mit Dr. Jochen Wagner, Studienleiter der Evangelischen Akademie Tutzing, berichtet sie darüber, wie es ist, in Zeiten des Lockdowns die Menschen an Kunst und Kultur teilhaben zu lassen. So habe die Stadt etwa temporäre Bühnen in Hinterhöfen aufgebaut, auf die die Menschen von ihren Fenstern und Balkonen schauen und zuhören konnten. Ein „spannender neuer Weg“ sei es gewesen, den die Stadt hier eingeschlagen habe. Begeistert erzählt sie von Kindern, die „Danke“-Plakate gemalt oder Getränke gereicht hätten.
Als sämtliche kulturellen Angebote der Stadt eingefroren waren, habe man schnell versucht, sich in der digitalen Welt zu bewegen, etwa durch Streamingangebote. Das sei „selbstverständlich eine Hilfe gewesen“ und auch eine „eingeschränkte Sichtbarmachung unseres künstlerischen Prozesses.“ Gleichzeitig habe es auch gezeigt, „wie groß die Sackgasse ist“. „Kunst und Kultur lebt von der verdichteten Begegnung: auf der Bühne, vor der Bühne, hinter der Bühne.“ Digitale Angebote könnten niemals der Ersatz sein für den analogen Austausch. Der nicht vorhandene Austausch mit dem Publikum und den Menschen habe sie am allermeisten geschmerzt.
„Nürnberg ist eine diverse Stadt aus Tradition“, sagte Lehner im RotundeTalk-Format der Evangelischen Akademie Tutzing. Um ein transparentes Miteinander zu schaffen, sei Teilhabe auf allen Ebenen besonders wichtig: „praktisch und konsumtiv“.
Ihre Stadt stehe für ein „Brennglas der europäischen Geschichte“. Ihre erste große Blütezeit habe sie in der Zeit der Renaissance gehabt, als freie Reichstadt, die sich zur Kunst- und Wirtschaftsmetropole entwickelte. Schon damals habe Nürnberg von der Zuwanderung gelebt: So kamen etwa die Eltern Albrecht Dürers aus Ungarn. Nach dem 30-jährigen Krieg verarmte die Stadt und sollte nach der napoleonischen Teilung eine zweite Blüte erleben: das industrielle Herz Bayerns, die „romantische Stadt“. Anschließend kam es zum großen Bruch des 20. Jahrhunderts: Nürnberg wurde zum Aufmarschgelände, zur Stadt der Reichsparteitage und Rassegesetze. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Nürnberg fast vollständig zerstört und wurde zur Wiege des Völkerstrafrechts.
Die Stadt sei ein „Pars pro Toto für die europäische Geschichte“, sie stehe sowohl für die vielzähligen Brüche, aber auch für die Aufbrüche, so Lehner. „Dieser Geschichte fühlen wir uns verpflichtet“, fügt sie hinzu. Das „Nie wieder“ gelte nicht nur gesagt, sondern vor allem gelebt zu werden – erst recht in Zeiten von Fremdenhass und Antisemitismus.
Wichtig ist Lehner vor diesem Hintergrund etwa die Straße der Menschenrechte als künstlerisches Symbol für eine Stadt des Friedens und der Menschenrechte. Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wird alle zwei Jahre verliehen. „Audience Development“ schreibt Julia Lehner groß: „Wir wollen das Publikum nicht nur an uns binden, sondern auch an der ein oder andern Stelle neu erobern.“
ÜBER UNS:
Wir sind die Evangelische Akademie Tutzing und bieten Raum für offenen Austausch, Meinungs- und Persönlichkeitsbildung.
Mehr zu unserer Arbeit finden sie hier:
Website: https://www.ev-akademie-tutzing.de/
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https://www.evangelische-akademien.de/
Prof. Dr. Julia Lehner im Gespräch mit Dr. Jochen Wagner, Studienleiter an der Evangelischen Akademie Tutzing #EATutzing
Prof. Dr. Julia Lehner ist Kulturpolitikerin, Zweite Bürgermeisterin und Erste Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg. Sie ist in dieser Stadt geboren, aufgewachsen – und mit ihr verwachsen. Nürnberg stehe für sie für ein „Brennglas der europäischen Geschichte“, das seine Historie als Auftrag wahrnehme – auch und erst recht in Zeiten der Krise.
Seit Mai 2020 ist Prof. Dr. Julia Lehner nun Zweite Bürgermeisterin und Erste Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg. Zuvor war sie 18 Jahre lang berufsmäßige Stadträtin und Kulturreferentin der Stadt. Im Interview mit Dr. Jochen Wagner, Studienleiter der Evangelischen Akademie Tutzing, berichtet sie darüber, wie es ist, in Zeiten des Lockdowns die Menschen an Kunst und Kultur teilhaben zu lassen. So habe die Stadt etwa temporäre Bühnen in Hinterhöfen aufgebaut, auf die die Menschen von ihren Fenstern und Balkonen schauen und zuhören konnten. Ein „spannender neuer Weg“ sei es gewesen, den die Stadt hier eingeschlagen habe. Begeistert erzählt sie von Kindern, die „Danke“-Plakate gemalt oder Getränke gereicht hätten.
Als sämtliche kulturellen Angebote der Stadt eingefroren waren, habe man schnell versucht, sich in der digitalen Welt zu bewegen, etwa durch Streamingangebote. Das sei „selbstverständlich eine Hilfe gewesen“ und auch eine „eingeschränkte Sichtbarmachung unseres künstlerischen Prozesses.“ Gleichzeitig habe es auch gezeigt, „wie groß die Sackgasse ist“. „Kunst und Kultur lebt von der verdichteten Begegnung: auf der Bühne, vor der Bühne, hinter der Bühne.“ Digitale Angebote könnten niemals der Ersatz sein für den analogen Austausch. Der nicht vorhandene Austausch mit dem Publikum und den Menschen habe sie am allermeisten geschmerzt.
„Nürnberg ist eine diverse Stadt aus Tradition“, sagte Lehner im RotundeTalk-Format der Evangelischen Akademie Tutzing. Um ein transparentes Miteinander zu schaffen, sei Teilhabe auf allen Ebenen besonders wichtig: „praktisch und konsumtiv“.
Ihre Stadt stehe für ein „Brennglas der europäischen Geschichte“. Ihre erste große Blütezeit habe sie in der Zeit der Renaissance gehabt, als freie Reichstadt, die sich zur Kunst- und Wirtschaftsmetropole entwickelte. Schon damals habe Nürnberg von der Zuwanderung gelebt: So kamen etwa die Eltern Albrecht Dürers aus Ungarn. Nach dem 30-jährigen Krieg verarmte die Stadt und sollte nach der napoleonischen Teilung eine zweite Blüte erleben: das industrielle Herz Bayerns, die „romantische Stadt“. Anschließend kam es zum großen Bruch des 20. Jahrhunderts: Nürnberg wurde zum Aufmarschgelände, zur Stadt der Reichsparteitage und Rassegesetze. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Nürnberg fast vollständig zerstört und wurde zur Wiege des Völkerstrafrechts.
Die Stadt sei ein „Pars pro Toto für die europäische Geschichte“, sie stehe sowohl für die vielzähligen Brüche, aber auch für die Aufbrüche, so Lehner. „Dieser Geschichte fühlen wir uns verpflichtet“, fügt sie hinzu. Das „Nie wieder“ gelte nicht nur gesagt, sondern vor allem gelebt zu werden – erst recht in Zeiten von Fremdenhass und Antisemitismus.
Wichtig ist Lehner vor diesem Hintergrund etwa die Straße der Menschenrechte als künstlerisches Symbol für eine Stadt des Friedens und der Menschenrechte. Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wird alle zwei Jahre verliehen. „Audience Development“ schreibt Julia Lehner groß: „Wir wollen das Publikum nicht nur an uns binden, sondern auch an der ein oder andern Stelle neu erobern.“
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