Querdenken-Demo am 29.08.2020, Friedrichstraße, Berlin

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Einfach ein kommentarloser Gang durch die Demo, die zu dem Zeitpunkt darauf wartete, loszugehen. Die Demo wurde später von der Polizei wegen Nichteinhaltung der Mindestabstände abgebrochen. #b2908


Ich möchte aber hier meine Eindrücke von der Demo und Kundgebung am Großen Stern teilen und wie ich diese Szene einschätzen würde.
Es sind im Wesentlichen ganz normale Menschen, die sicherlich nicht rechts sind. Der Anteil der Rechten und Neonazis ist sichtbar, ich schätze so ca. 10-15%. Die ganze Demonstration deswegen als Neonazis oder rechtsoffen hinzustellen, ist wohl nicht zutreffend. Das Problem ist komplexer.
Grundsätzlich soll jede/r demonstrieren und seine Meinung kundtun dürfen. Solange das friedlich geschieht, ist dagegen nichts zu sagen. Wobei man auch Aufrufe zur Gewalt oder gewalttätige Sprache als nicht friedlich einstufen muss.
Einige grundlegende Forderungen der Demonstrierenden sind durchaus vertretbar, etwa dass wir aufpassen sollten, dass wir unsere demokratische Freiheit in Deutschland nicht verlieren und dass unsere Regierenden im Auge behalten werden.
Wie diese Forderungen aber ins Extreme überhöht werden, kann ich nicht befürworten. Es zeigt, wie schwarz-weiß viele denken. QAnon-Mythen waren breit auf der Demo vertreten, Plakate mit "Corona-Diktatur", "Merkel-Faschismus" oder "Lügenpresse" u.ä. Formulierungen zeigen, dass wir es hier mit fundamentalistischen Konzepten zu tun haben, die ganz pauschal gegen das "System" sind.
Auf der Demo sah ich viele normale Bürger*innen, viel Alternativszene und viele Esoteriker*innen. Es erstaunt mich, wie teilweise extrem systemfeindlichen Ansichten mit den anderen nachvollziehbaren Bedenken Hand in Hand gehen und so viele Menschen die extremen Positionen undifferenziert adaptieren. Das ist das gefährliche Problem.
Die meisten Menschen auf der Demo sind nicht rechts und es ist grundsätzlich in Ordnung, kritisch zu sein. Wir müssen in der Lage sein, die extremistischen Inhalte von den vernünftigen Aspekten zu unterscheiden und diese vernünftigen Aspekte ernst zu nehmen.
In meinem Papier habe ich auf diese Unterschiede hingewiesen: https://ronaldengert.com/2020/08/01/revolution-diktatur-und-verschworung-die-spirituelle-szene-auf-politischen-ab-wegen/. Es steht darin auch, dass man die Esoterikszene und die Anti-Corona-Szene nicht grundsätzlich als rechts einstufen kann. Das ist eventuell nicht deutlich genug gesagt. Um die Kritik an den Corona-Maßnahmen vernünftig und realistisch in die gesellschaftlichen Diskussion einzubringen, sollten sich die Demonstrierenden und insondere die spirituelle Szene aber über ihre politischen Konzepte sehr genau im Klaren sein, damit sie nicht rechten Populisten auf den Leim geht. Leute, die z.B. nationalistischer und antisemitischer Schuldabwehr das Wort reden, müssen als das entlarvt werden, was sie sind: Rechte. Und ich hätte nie gedacht, wieviele rechte Ansichten es in der spirituellen Szene gibt. Ich finde das erschreckend und zutiefst frustrierend! Davon abgesehen, dass die nun von der bisher unpolitischen Szene hektisch adaptierten krypto-politischen Meme keine politische Substanz haben.
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