13. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Gesa Stückmann

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13. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Gesa Stückmann
„Auch und gerade in Corona-Zeiten müssen Kinder und Jugendliche beim Umgang mit dem Smartphone oder PC begleitet werden.“

In der aktuellen Krise stellen sich auch in der Gewalt- und Kriminalprävention drängende Fragen. Der Deutsche Präventionstag bietet mit den DPT-Zwischenrufen prominenten Fachvertreter*innen eine Stimme.

Die Audioaufzeichnungen der von Erich Marks geführten Expertengespräche können Sie auf der Seite des Deutschen Präventionstages abrufen: https://www.praeventionstag.de/go/zwi....


https://www.praeventionstag.de

Textfassung:
Zum heutigen Zwischenruf begrüße ich am Telefon die Rostocker Rechtsanwältin Gesa Stückmann. Frau Stückmann ist Expertin für die Prävention von Cybermobbing und hat in diesem Arbeitsfeld in den letzten 10 Jahren zahlreiche preisgekrönte Initiativen und Informationsangebote kreiert.

Frau Stückmann, ich begrüße Sie herzlich und darf Sie zunächst fragen, welche Präventionsaspekte ihnen aktuell besonders wichtig erscheinen.
Die Themen, die mich seit 13 Jahren beschäftigen: Cybermobbing, Cybergrooming, Sexting, enden leider nicht mit Schließung der Schulen. Gerade weil die Kommunikation derzeit fast ausschließlich über digitale Wege abläuft, da persönliche Treffen nicht möglich sind, muss auch dieses Thema weiter im Fokus bleiben.
Auch wenn jetzt vielleicht mehr telefoniert wird, so bleibt der Hauptkommunikationsweg unter Kindern und Jugendlichen doch die Nutzung von Messenger-Diensten wie WhatsApp: Ein Lehrer kontaktiert die Schulsozialarbeiterin, weil seine Schüler sich in der WhatsApp-Gruppe heftigst beleidigen. Die Schulsozialarbeiterin hat derzeit jedoch keinen persönlichen Kontakt zu den SchülerInnen und fragt sich, wie sie helfen kann. Alle Beteiligten sind in der Situation hilflos und brauchen Unterstützung.
Gleichzeitig ist auch der Zugriff Erwachsener auf Kinder über die sozialen Medien, das sog. Cybergrooming, weiterhin möglich und die Erwachsenen wissen, dass Kinder derzeit vermehrt Zeit online verbringen: Es kann zu verstörenden Erlebnissen auf Plattformen wie Instagram oder Tiktok , in Chats oder auch Games kommen.

Was ist das zentrale Anliegen Ihres heutigen Zwischenrufes?
Eltern haben größtenteils keine Ahnung, welche Inhalte ihren Kindern z.B. auf dem Smartphone begegnen, was sie dort tun. Die Zeit, die sie jetzt bedingt durch die Corona-Epidemie gemeinsam zu Hause verbringen, sollten sie für den Austausch nutzen, sich dafür interessieren, was ihre Kinder mit den digitalen Medien machen. Und auch ihr eigenes Verhalten mal überdenken: Wie nutze ich die digitalen Medien? Bin ich für mein Kind noch erreichbar? Beachte ich das Recht am eigenen Bild meines Kindes oder poste ich Fotos von ihm nach Lust und Laune? Auf diese Probleme müssen Eltern aber erst aufmerksam gemacht werden, da sie sich dieser gar nicht bewusst sind. Daher biete ich derzeit Webinare für Eltern abends an, zu denen sie sich von zu Hause zuschalten können und in denen ich Ihnen die Gefahren und Risiken vor Augen führe. Dabei zeige ich ihnen aber auch Lösungsmöglichkeiten auf und weise darauf hin, wie wichtig es ist, mit seinen Kindern zu sprechen statt nur Verbote auszusprechen. Regeln aus Zeiten vor Corona z.B. für Zeiten der Bildschirm- oder Smartphonenutzung sind aktuell nicht mehr gültig – Kinder verbringen viele Stunden allein durch Schularbeiten vor dem Rechner oder am Smartphone.

Aber auch Lehrkräfte, SchulsozialarbeiterInnen brauchen Unterstützung. Es ist wichtig, ein – möglichst bundesweites - Netzwerk zu schaffen, wo sich alle Beteiligten – auch die Eltern - ratsuchend hinwenden können oder wo sie nachfragen können, wer ein geeigneter Ansprechpartner wäre. Das Wissen um solch ein Netzwerk schafft schon Sicherheit und zeigt, dass man mit den Problemen nicht allein ist. So kontaktierte mich kürzlich eine Mutter, deren Tochter von MitschülerInnen online massiv fertig gemacht wird. Um ihr nicht nur mit rechtlichen Hinweisen zu helfen, habe ich den Kontakt zur Opferhilfe Oberfranken hergestellt, wo man sie mit ihren Sorgen auffangen und fachspezifische Hinweise geben konnte.

Die aktuelle Ausnahmesituation zeigt aber auch, wie wichtig Schulsozialarbeit ist und dass diese viel mehr unterstützt und als wichtiger wesentlicher Bestandteil von Schule anerkannt werden muss. Sie ist oftmals den SchülerInnen sehr nah und hat eine große Vertrauensstellung inne, da sie der Schweigepflicht unterworfen ist und weder Elternteil noch Lehrperson ist – quasi der „Anwalt des Kindes“. Dabei gehen die SchülerInnen nicht nur mit Problemen, die sie mit ihren LehrerInnen haben, zu ihnen, sondern auch mit familiären Konflikten. Momentan können die SchulsozialarbeiterInnen aber nicht vermitteln, unterstützen – Konflikte zu Hause müssen ohne Hilfe ausgetragen werden und können dann eskalieren.
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