Freilernen in Deutschland (Disruptive Bildungsperspektiven)

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Einfach nie wieder in die Schule müssen – Ein Traum, den vermutlich viele Schüler*innen haben. Marie-Helen Scharf aus Nordfriesland hat sich diesen Traum erfüllt. Sie war zwölf Jahre alt, als sie beschloss, dass sie nicht mehr in die Schule gehen möchte. Marie-Helen fühlte sich im Unterricht nicht mehr wohl und wollte lieber eigenständig lernen. Das ist nun über vier Jahre her. Seitdem hat Marie-Helen nicht mehr am Unterricht teilgenommen, sie lernt jetzt frei und vernetzt sich online in Lerngruppen. Die heute 17-jährige Marie-Helen wird gemeinsam mit ihrer Mutter Antje darüber berichten, was passiert, wenn man mitten in Deutschland lebt und beschließt, von nun an einfach nicht mehr zur Schule zu gehen und wie es ihr inzwischen mit dieser Entscheidung geht.

Wie das eigene Leben laufen kann, wenn der Schulbesuch von vornherein kein Thema ist, darüber berichtet uns auch Laura Hoffmann. “Ich habe in meinem Leben ein Jahr und sechs Wochen in einer Schule verbracht, den Rest im Leben”, das sagt die heute 29-jährige über sich selbst. Inzwischen arbeitet die (ehemalige) Freilernerin in einem französischen Spieleverlag, ihrem Traumjob, wie sie sagt. Nicht zur Schule zu gehen sei ein Weg wie jeder andere, mit Kurven und Biegungen – und es sollte ein Weg sein, den jeder einschlagen können sollte, findet Laura.

Doch wer seine Kinder nicht zur Schule schickt, dem drohen hohe Strafen bis hin zu Beugehaft und Entzug des Sorgerechts. Jost von Wistinghausen, unser dritter Gast zu diesem Thema, ist einer von wenigen Anwält*innen, die regelmäßig Freilerner*innen und ihre Familien vertreten, wenn die ersten Schreiben von Schulbehörden und Jugendämtern im Briefkasten landen.

Von Wistinghausen erzählt uns aus der rechtlichen Praxis all jener, die sich aus den verschiedensten Gründen plötzlich in einem Kampf zwischen dem Wunsch nach der freien Entfaltung ihres Kindes und der vollen Härte des Staates wiederfinden.

Tatsächlich gibt es viele hundert Familien, die diesen Weg in Deutschland beschreiten. Stefanie Weisgerber, selbst Mutter zweier Freilerner, berät solche Familien und engagiert sich als Aktivistin schon viele Jahre in diesem Bereich. 2017 veröffentlichte sie den “Freilerner-Kompass”, eine Informations-Website mit dem Ziel, Interessierten und Betroffenen einen umfassenden Überblick ins Thema zu geben. Sie betreut außerdem Freilerner-Treffen in NRW und ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift “Die Freilerner” sowie Mitglied in diversen Vereinen und Initiativen.

Anfang 2020 veröffentlichte Stefanie gemeinsam mit anderen Aktivist*innen die “Erklärung zur Selbstbestimmung in der Bildung“, ein Manifest, das verfasst wurde, um sich aktiv für Kinderrechte, insbesondere das Recht auf selbstbestimmte Bildung junger Menschen auszusprechen und das sich zugleich von als problematisch empfundenen politischen Strömungen in der Freilerner*innen-Szene distanzieren soll. Die Erklärung wurde von über 1.600 Personen und acht unterstützenden Organisationen unterzeichnet.

Diese Veranstaltung ist Teil der kostenlosen Veranstaltungsreihe "Disruptive Bildungsperspektiven - Anleitung zur kreativen Zerstörung des Bildungssystems". Im Frühling und Sommer 2021 kommen dort Menschen mit Ideen zu Wort, die das Potenzial haben, das aktuelle Bildungssystem nicht nur zu reformieren, sondern es vollständig zu ersetzen (Disruption). Weitere Gäste sind unter anderem Herbert Renz-Polster, Marina Weisband und Gerald Hüther.

Weitere Informationen, Termine und kostenlose Anmeldung unter www.disruptive-bildungsperspektiven.de
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