Krawall vor dem Reichstag: Scharfe Kritik aus der Politik

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Politiker aller Parteien haben das Vordringen von Demonstranten auf die Treppe des Reichstagsgebäudes in Berlin am Samstagabend scharf verurteilt. Steinmeier teilte am Sonntag mit: „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie. Das werden wir niemals hinnehmen.“ Er dankte den Polizisten, „die in schwieriger Lage äußerst besonnen gehandelt haben“. Am Montag will Steinmeier sich mit am Einsatz beteiligten Beamten in seinem Amtssitz Schloss Bellevue treffen.

Eine große Gruppe Demonstranten gegen die Corona-Politik hatte am Samstagabend Absperrgitter am Reichstagsgebäude in Berlin überwunden. Sie stürmten die Treppe hoch und bauten sich triumphierend und lautstark vor dem verglasten Besuchereingang auf. Dabei waren auch die von den sogenannten Reichsbürgern verwendeten schwarz-weiß-roten Reichsflaggen zu sehen, aber auch andere Fahnen. Anfangs standen nur drei Polizisten der lauten Menge entgegen. Nach einer Weile kam Verstärkung, und die Polizei drängte die Menschen auch mit Hilfe von Pfefferspray zurück.

Zuvor hatten nach ersten Schätzungen der Polizei vom Samstag knapp 40 000 Menschen aus ganz Deutschland weitgehend friedlich auf der Straße des 17. Juni gegen die Corona-Politik demonstriert. Insgesamt waren laut Polizei noch deutlich mehr Demonstranten bei weiteren Veranstaltungen in der Innenstadt unterwegs. Am Rande kam es vor allem vor der russischen Botschaft nahe dem Brandenburger Tor zu Angriffen von Reichsbürgern und Rechtsextremisten auf Polizisten. Aus einer Menge von 3000 Menschen wurden Steine und Flaschen geworfen.

Eine umfassende Bilanz wollte die Polizei am späten Sonntagnachmittag oder -abend veröffentlichen. Unklar war daher auch zunächst noch, ob die Polizei wegen des Vorfalls ermittelt und um welche Delikte es geht.
Bundespräsident Steinmeier betonte: „Unsere Demokratie lebt.“ Wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgere oder ihre Notwendigkeit anzweifele, könne das tun, auch öffentlich, auch in Demonstrationen. „Mein Verständnis endet da, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen.“

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Nach diesen Szenen sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft. Der Verantwortung, sich bei seinem Protest nicht von Extremisten instrumentalisieren zu lassen, kann sich niemand entziehen.“ Dass es überhaupt zu diesem Angriff kommen konnte, „muss schnell und umfassend aufgearbeitet werden“.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach in der „Bild am Sonntag“ vom dem symbolischen der freiheitlichen Demokratie. „Dass Chaoten und Extremisten es für ihre Zwecke missbrauchen, ist unerträglich.“ Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: „Reichsflaggen vorm Parlament sind beschämend.“ SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schrieb: „Nazisymbole, Reichsbürger- & Kaiserreichflaggen haben vor dem Deutschen Bundestag rein gar nichts verloren.“ Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zeigte sich „richtig wütend“. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nannte die Vorfälle „inakzeptabel“.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider kündigte an: „Ich werde morgen eine Sondersitzung des Ältestenrates beantragen, um die Pläne zur Errichtung einer Sicherheitszone zu überprüfen und für eine schnelle Umsetzung zu sorgen.“ Bundestagspräsident Schäuble müsse mit dem Berliner Senat über das Sicherheitskonzept. Gegebenenfalls müsse der Bund den Bundestag selbst sichern.

https://www.tagesschau.de/inland/corona-demo-berlin-133.html
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